Mit ihrer Keynote zum DLM-Symposium 2014, lieferte Prof. Dr. Susanne Stürmer von der HFF eine Bestandsaufnahme zur TV-Landschaft in Deutschland. Dabei analysierte sie messerscharf die Versäumnisse der Fernsehmacher und zeigte Ansatzpunkte für Änderungen auf.
Keynote zur Lage des Mediums
Wenn man Frau Prof. Dr. Susanne Stürmer glauben mag, dann hinkt das Medium TV derzeit den Realitäten hinterher. „Fernsehen sollte sich ganz dringend neu erfinden“, appellierte die Präsidentin der HFF (Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“) an die Entscheider im Publikum, vor dem sie mit ihrer Keynote das DLM-Symposium 2014 eröffnete. Vor rund 250 Gästen machte sie am Donnerstag zwei Hauptprobleme aus, mit denen das Fernsehen gegenwärtig zu kämpfen habe. Demnach sei zum einen die Monetarisierung von Inhalten und Programmen schwieriger geworden, wofür die Gründe in der zunehmenden Fragmentierung der Angebote über verschiedene Plattformen lägen. Zum anderen sei auch das „Fernsehen machen“, also die Produktion für TV, mittlerweile schwieriger als in der Vergangenheit.
Situation der Produzenten
Aktuell bekommen deutsche Produktionsfirmen auf der einen Seite mehr Aufträge, weil auch kleinere Sender wie Joiz oder ZDFneo mittlerweile als Auftraggeber auftreten. Auf der anderen Seite ist das Durchschnitts-Budget für Produktionen jedoch damit gesunken, so Stürmer – auch, weil quantitativ mehr günstiges Programm in Auftrag gegeben wird, um Sendepläne ohne hohe Kosten füllen zu können. Das Tätigkeitsfeld der hiesigen Produktionsfirmen beschränke sich im Jahr 2014 nicht mehr nur auf den Heimatmarkt: „Deutsche Produzenten sind mittlerweile auf einem internationalen Markt tätig“, beschreibt Stürmer die neue Situation in der TV-Branche. Ein höherer Wettbewerb mit schärferer Konkurrenz sei die Folge dieser Entwicklung.
Deutschland als Entwicklungsland
Was die Originalität von deutschen Formaten angeht, so zeichnete Stürmer ein ziemlich nüchternes Bild. Im internationalen Vergleich ist Deutschland Import-Weltmeister, wenn es um Entertainment-Shows geht. Im Export hingegen belegen wir einen der letzten Plätze, woraus ein sehr dürftiges Verhältnis resultiert. Was den VoD-Bereich angeht, so sind auch hier die internationalen Programme dominierend: Nur 21 Prozent der dort genutzten Inhalte werden in Deutschland produziert. Zudem stellte sie in Aussicht, dass in Zukunft der Wettbewerb zwischen den Plattformen intensiver werden wird. Inhalte werden in diesem Zusammenhang den entscheidenden Unterschied ausmachen, was letztendlich in einer Content-Konkurrenz ausufern wird. „Wird die lokale Produktion davon profitieren?“, fragt Stürmer mit Blick auf den deutschen Markt und fügt warnend hinzu: „Ich habe meine Zweifel.“.
VoD keine Heilsbringer
Auch von einem Netflix-Start in Deutschland solle man laut Stürmer nicht zu viel erwarten. „Video-on-Demand wird in Deutschland die Produktion weniger fördern, als Sky es tut“, verweist sie auf die Ausgaben des Pay-TV-Anbieters in die Sendeproduktion sowie die Ankündigung einer ersten eigenen Serie namens „100 Code“. Generell gab sich Stürmer sicher, dass sich die Schere zwischen Quantität und Qualität weiter öffnen wird. Letztendlich werden Leuchttürme wie Live-Shows und Sportevents noch weiter an Bedeutung gewinnen, genau wie auch Serien-Programm. Mit entsprechenden Verlängerungen von Formaten auf mobile Endgeräte, wie sie beim RTL-Formateinkauf „Rising Star“ oder auch der öffentlich-rechtlichen Show-Umsetzung der Erfolgs-App „Quizduell“ zum Einsatz kommen werden, beschrieb sie zudem einen dritten Produktions-Trend für die Zukunft.
Vorschläge für TV-Macher
Wo die deutsche TV-Landschaft noch Nachholbedarf hat, betitelte Stürmer zum Ende ihres Vortrags noch einmal konkret. So würden deutsche TV-Sender bei ihren Produktionsanträgen noch nicht in Dimensionen wie „VoD-fähig“ oder „international vermarktbar“ denken. Für die fertigen Produktionen sollten die Sender zudem nicht mehr auf die exklusiven Rechten beharren, sondern auch für Kooperationen und Aufteilung der Verwertungsrechte offen sein – um letztendlich auch internationale Erfolge von Formaten zu ermöglichen. In Sachen Programmforschung bestehe zudem ebenfalls Nachholbedarf: „In Deutschland fehlt es an aussagekräftigen Daten“, kritisierte Stürmer. Zudem benötige die Wirtschaft Fachkräfte, die kreativ sind und gleichzeitig in Geschäftsmodellen denken können. Hierfür sei der Bildungsbereich gefordert, um diesen Bedarf mittelfristig decken zu können, betonte Stürmer zum Ende und schloss so den Kreis zu ihrer Tätigkeit als Präsidentin der HFF in Babelsberg.
Bildquelle: © IPTV-Anbieter.info
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