Dass die Berlusconi-Familie langfristige Pläne mit ProSiebenSat.1 hat, dürfte spätestens seit Ende 2022 hinreichend bekannt sein. Die vorstehende Holding „Media For Europe“ hält bereits 30 Prozent der Anteile am deutschen Medienunternehmen. Jetzt schaltet sich sogar Kulturstaatsminister Wolfram Weimer ein.
Pier Silvio Berlusconis möchte ProSiebenSat.1 als Gegengewicht zu Netflix
Der Sohn des ehemaligen und verstorbenen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi erklärte 2019 ProSiebenSat.1 als europäisches Gegenstück zu Netflix und Amazon etablieren zu wollen. Die beiden US-amerikanischen Unternehmen sind in Deutschland führend.
Um diesen Plan umsetzen zu können, ist es für MFE wichtig, die Anteile an ProSiebenSat.1 zu erhöhen. Diese Maßnahme gefiel dem zweiten Großaktionär, der PPF Holding nicht sonderlich (diese wollen das Medienunternehmen unabhängig halten) und gab gegenüber dem Handelsblatt bekannt, die Anteile von 15 auf 29,99 Prozent erhöhen zu wollen.
Diese Bieterschlacht blieb der Bundesregierung und vor allem dem deutschen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer nicht verborgen. Der Minister macht sich Sorgen, ob durch die Übernahme die journalistische und wirtschaftliche Unabhängigkeit von ProSiebenSat.1 erhalten bleibt.
Weiterhin würde, laut seiner Aussage gegenüber dem Spiegel, eine mögliche Übernahme „das mediale Machtgefüge unseres Landes beeinflussen“. Er erwarte von Media For Europe Transparenz und prüfe bereits die Risiken und Folgen, die eine Übernahme mit sich bringt.
Die Folgen können weitreichend sein
Um wichtige Punkte zu besprechen, lädt der Minister Berlusconi Anfang September 2025 in das Bundeskanzleramt ein. Ob tatsächlich ein Treffen zustande kommt, ist aber fraglich, denn MFE hat bisher noch nicht auf die Einladung reagiert.
Dass die Folgen genau bewertet werden müssen, zeigt sich am Beispiel der Übernahme von Paramount durch Skydance. Dort sorgt die Übernahme für das Ausscheiden kritischer Stimmen (unter anderem Stephen Colbert) und eine einseitige Berichterstattung dürfte folgen.
Dies gilt es zu vermeiden, vor allem vor dem Hintergrund, dass ProSiebenSat.1 Media aktuell der größte Gegenpol zur RTL-Gruppe und zu den öffentlich-rechtlichen Medien ist. Dabei gilt es zu beachten, dass MFE an der RTL-Gruppe mit 29,99 Prozent beteiligt ist.
Glückt der Ausbau der Marktanteile durch MFE, kann Berlusconi also Druck auf Deutschlands TV-Landschaft ausüben. Ob ein Szenario wie einst in Italien unter Silvio Berlusconi entsteht, bleibt fraglich. Zur Erinnerung: Silvio Berlusconi baute Mediaset zum größten Konkurrenten zu den öffentlich-rechtlichen Medien auf und ließ kaum Platz für andere Anbieter (diese mussten sich mit 10 Prozent begnügen).
Von Berlusconi ungeliebte Journalisten zogen häufig den Kürzeren und mussten ihren Posten räumen. In Erinnerung blieben die Streitigkeiten mit Rai-Redakteur Enzo Biagi 2002 (zum Beitrag der Süddeutschen Zeitung). Dieser musste nach mehreren Konflikten (so wurde ihm Vorgeworfen, der politisch Linken nahezustehen) seinen Posten räumen.
Schon 2013 beschrieb der Journalist Francesco La Licata Italiens Medienlandschaft mit den Worten „Triumph der Banalität“. In Zeiten, wo ein ähnliches Schicksal den US-amerikanischen Medien bevorsteht, ist es wichtig, die Vielfalt und kritische Berichterstattung in Deutschland aufrechtzuerhalten. Es bleibt zu hoffen, dass mit den Übernahmeplänen von MFE kritisch umgegangen wird.
Quellen: handelsblatt.com, new-business.de, spiegel.de, sueddeutsche.de
Bild im Artikel: © IPTV-Anbieter.info
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