Viel geschafft aber noch viel zu tun – Landesmedienanstalten veröffentlichen Digitalisierungsbericht 2013


Würde man allein den Aussagen der Fernsehanstalten und Multimediahersteller glauben schenken, wäre analog längst kein Thema mehr im Fernsehmarkt. Wie schaut man 2013 Fernsehen? Digital natürlich, hochauflösend, am besten on-demand und über das Internet. Der Trend zeigt auch mit großer Bestimmtheit in diese Richtung, obgleich es immer noch Millionen „analoger Zuschauer“ in Deutschland gibt und sich der Konsum von Videoinhalten in den heimischen vier Wänden abspielt. Verlässliche Zahlen liefern die Medienanstalten der Länder jährlich in ihrem Digitalisierungsbericht, der 2013 zum 13. mal erscheint und dezidiert auflistet, wie digital die deutsche Medienlandschaft mittlerweile geworden ist. Das Kredo: Es ist viel geschafft, die Zeit, um die Beine hochzulegen, ist allerdings noch lange nicht gekommen.

Übersicht
So zeigt der Digitalisierungsbericht, der den Untertitel „Rundfunk und Internet – These, Antithese, Synthese?“ trägt, dass im Vergleich zu den Vorjahren Fortschritte auf der digitalen Agenda gemacht wurden. Deutsche Fernsehhaushalte schauen zu 81 Prozent digital, in absoluten Zahlen entspricht das etwa 30,8 Millionen Haushalten, so die Studienautoren. Der Titel verrät es, ein besonderer Fokus der Studie liegt auf der Nutzung von Videoinhalten über das Internet, einem immer wichtiger werdenden Markt für Fernsehmacher.

Laut Bericht schauen etwa 43 Prozent der Deutschen Videos über das World Wide Web. Eine Novität der Studie: Auch die immer wieder als Sorgenkind verschriene digitale Radioverbreitung kann offenbar Land gewinnen, wenn auch auf niedrigem Niveau. So steigt die Hörfunknutzung via DAB auf 4,5 Prozent der deutschen Bevölkerung. 2,7 Millionen Digitalradios sollen dafür in deutschen Haushalten zu finden sein, so die Autoren. Geht man von einer beinahe flächendeckenden Nutzung von UKW-Radios in Deutschland aus wird klar, dass hier noch viel Arbeit vor den Unternehmen liegt, die sich für die Verbreitung von Radioprogrammen auf digitalem Weg entschieden haben. Schließlich gibt es eine zweite digitale Methode, Radio zu empfangen, die weit populärer ist: Mit 26,5 Prozent gaben über ein Viertel der Befragten an, Radioprogramme über das Internet zu hören.

Methodik
Auch wenn die Studie unter dem Siegel der Landesmedienanstalten firmiert, auch andere Player im Geschäft gehören zu den Auftraggebern. So unter anderem die öffentlich-rechtliche ARD und Deutschlandfunk. Hier werden in Zukunft gerade im Bereich der Verbreitung Internet und Digitalradio, wegweisende Entscheidungen notwendig sein. Auch die großen, deutschen Kabelanbieter Kabel Deutschland und Unitymedia sowie der Satellitenanbieter SES und die Signalverbreitungsspezialisten von Media Broadcast sind mit an Bord. Allesamt haben großes Interesse an wachsenden Zahlen in der Digitalverbreitung, schließlich wird seit einigen Jahren in diesem Sektor viel Geld investiert. Zwischen Mai und Juni hat das Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest 8.600 zufällig ausgewählte Personen ab 14 Jahren per Telefon befragt, 17 Prozent davon via Mobiltelefonnummern. Noch 2012 setzte man ausschließlich auf Festnetznummern. Eine Methode, die immer wieder als nicht zeitgemäß kritisiert wurde.

Details
Als Grundlage für die Studie wurde auch die Zahl der aktuellen TV-Haushalte ermittelt. Diese bewegen sich nach wie vor um etwa 38 Millionen. Ein leichter Zuwachs von 0,1 Prozent ist zu verzeichnen. Nur 3,8 Prozent der Befragten gaben an, kein TV-Gerät im Haushalt zu haben. In etwa 35 Prozent der Haushalte findet sich mehr als ein Fernsehgerät, der Durchschnitt bewegt sich in den letzten Jahren stabil bei etwa 1,5 Geräten pro Haushalt. Alles in allem sind so knapp 56 Millionen Geräte zu finden. Beim Grad der Digitalisierung wird es schon spannender. Wie eingangs erwähnt, wird laut Studie in etwa 30,8 Millionen deutschen Haushalten digital Fernsehen geschaut, das entspricht 80,8 Prozent. 7,4 Prozent entfallen davon aber auf Haushalte, die sowohl digitales als auch analoges Fernsehen nutzen.

Insgesamt natürlich ein großer Fortschritt im Vergleich zu etwa mehr als 25 Prozent Digitalisierungsquote in 2005, gegenüber dem Vorjahr ist allerdings nur ein mäßiges Wachstum von 3 Prozent zu verzeichnen. Zwischen 2011 und 2012 konnte man sich noch über 10 Prozent freuen. Die Studienautoren sehen hier eine Abflachung im Trend, nach der analogen Satellitenabschaltung im vergangenen Jahr. Eine Erklärung könnte sein, dass sich Zuschauer, die „immer noch“ analog schauen, entweder auf die verringerte Senderzahl eingestellt haben oder Übergangsangebote der Kabelanbieter nutzen, die zum Teil noch analog verbreiten und dies bisher nicht zeitlich limitiert haben.

Internet TV legt zu, Kabel und Satellit mit leichten Änderungen
Spannend wird es noch einmal, wenn man sich die Verteilung dieser über 30 Millionen deutschen TV-Haushalte bezüglich der Empfangsart anschaut. Hier gibt es vor allem einen Gewinner: Fernsehen via Internet, durch die Studienautoren mit „DSL-TV“ betitelt, ist mit immerhin 4,9 Prozent vertreten, was etwa 1,8 Millionen Haushalten entspricht. Auch wenn es hier gegenüber 2012 nur einen Vergleichsweise geringen Zuwachs von 0,6 Prozent gab, ist zu bedenken, dass diese Empfangsart bis 2006 noch mit „0,00 Prozent“ beziffert wurde. In Nordrhein-Westfalen nutzen gar 7,2 Prozent „DSL-TV“. Kabel und Satellit steuern auf ein Patt zu. Beide Empfangswege werden 2013 von etwa 17,6 Millionen Haushalten genutzt. In Prozenten liegt Kabel mit 46,3 Prozent nur ein Müh vor Satellit mit 46,2 Prozent. Im Vergleich zu 2005, musste Kabel allerdings etwa 5 Prozent abgeben, während Satellit um 3 Prozent zulegen konnte. Mit 11 Prozent hält sich digital terrestrischer Empfang seit Jahren auf ähnlichem Niveau.

Kabel immer noch zu großen Teilen analog
Seit 2012, wie bereits erwähnt, die analoge Verbreitung via Satellit eingestellt wurde, erreicht die Digitalisierungsquote hier logischerweise volle 100 Prozent. Im Bereich Kabel kann man davon nur träumen. Knapp 56 Prozent der Kabelhaushalte nutzt Digitalfernsehen, zwar ein Zuwachs von etwa 8 Prozent gegenüber 2011, das Ziel der vollständigen Digitalisierung scheint allerdings noch in weiter Ferne zu liegen. Sicherlich der Entscheidung der Kabelanbieter geschuldet, keinen konkreten Abschalttermin für die analoge Verbreitung zu nennen. Die Angst, Zuschauer könnten diesen Moment nutzen, um auf Dauer zum kostenunabhängigeren Satellitenfernsehen zu wechseln, scheint doch immer noch groß zu sein.

TV-Geräte meist immer noch analog
Wirft man einen Blick in die Regale der TV-Verkäufer, müsste man beim Anblick der immer flacher werdenden Geräte meinen, analoge TV-Geräte seien ein Relikt aus einer Zeit, in der man noch einen Freund auf dem Hausdach brauchte, der mit der Antenne fuchtelnd, auf Signal guten Empfang herstellen sollte. Hier liefert die Studie überraschendes: Noch immer sind die Kabel-TV-Fernsehgeräte in deutschen Haushalten in der Mehrzahl analog. Von etwa 24 Millionen Geräten, sind 48,1 Prozent digital, über 12 Millionen also immer noch analog.

HDTV im Kabel und Web beliebt
Ein Begriff ist untrennbar mit der Digitalisierung verbunden: HDTV. Ohne die Möglichkeit der digitalen Kodierung, wäre hochauflösendes Fernsehen zuvor kaum rentabel zu betreiben gewesen. Zieht man die gerade genannte Anzahl der digitalen Geräte ab, ist sicher schnell klar, dass die meiste Zahl der Zuschauer, die in der Befragung „Empfange Programme in HD“ angegeben haben, im Satellitensektor zu verorten sind. 7,9 Millionen Sat-Nutzer sind es genau. Dem gegenüber stehen nur 5 Millionen Kabelkunden. Interessant ist hier aber vor allem die große Zahl an Haushalten, in denen die technische Ausstattung nicht gut aufeinander abgestimmt ist. Besonders oft tritt dies bei Kabelkunden auf. Über 76 Prozent gaben an, einen Flachbildfernseher zu besitzen, bei 52 Prozent ist dieser auch in der Lage, HD-Programme auszustrahlen. Nur 28,4 Prozent der befragten Haushalte haben allerdings auch den passenden HD-fähigen Receiver. Im Bereich „DSL-TV“ haben sich immerhin über 56 Prozent HD-tauglichen Fernseher und Receiver angeschafft.

Unterschiede gibt es auch bei der Wahl der TV-Sender. Dabei geht es weniger um inhaltliche Vorlieben, sondern vielmehr darum, ob man private und öffentlich-rechtliche oder nur eine der beiden Gruppen in HD anschaut. Etwa 40 Prozent der Kabelhaushalte gaben an, die privaten Free-TV-Sender RTL, ProSieben und Co. in HD zu schauen, bei den Satellitenhaushalten waren es nur etwa 29 Prozent. Grund hierfür könnte die Gebühr sein, die für die großen Sender der RTL- und ProSiebenSat.1-Gruppe fällig wird, möchte man diese in HDTV schauen. Diese so genannte „Servicepauschale“ in Höhe von 50 Euro pro Jahr, könnte einige Zuschauer abschrecken und sie dazu bewegen, diese Sender lieber in Standardauflösung zu schauen.

EPG leidet unter mangelnder Bekanntheit
Der elektronische Programmguide – eine Art weiterentwickelter Teletext mit vielen Zusatzfunktionen – ist nur wenigen Zuschauern ein Begriff. So gaben nur 43 Prozent der Personen in digitalen Kabelhaushalten an, schon einmal etwas von EPG gehört zu haben. Bei 35 Prozent ist er verfügbar, nur etwa 27 Prozent nutzen ihn – diese allerdings selten. Regelmäßig nutzen ihn nur circa 18 Prozent der befragten Digitalhaushalte. Mit etwa 62 Prozent Nutzung ist dabei die klassische Programmvorschau am beliebtesten. Ähnliche Wissenslücken gibt es auf dem Smart-TV-Sektor. So gab nur jeder zehnte TV-Haushalt laut Studie an zu wissen, dass er ein Smart-TV-Gerät besitzt. Davon schließen dann auch nur etwa 60 Prozent der Nutzer das Gerät, das über das Internet viele zusätzliche Funktionen wie Video-on-Demand bieten kann, auch tatsächlich an das Internet an. Hierbei handelt es sich neben Fernsehern auch um Peripheriegeräte wie Receiver oder BluRay-Player. Reduziert man hier auf tatsächliche Smart-TV-Fernseher, sinkt die Zahl weiter auf etwas über die Hälfte.

Erfreulich allerdings: Es gibt einen Zuwachs um 41 Prozent gegenüber 2012. Bei HbbTV sieht es ähnlich aus. Auch hier herrscht große Unkenntnis unter den TV-Zuschauern. Der Dienst, der die Einbindung von Web-Inhalten über so genannte „Red-Button“-Funktionen ermöglicht, wird von den in der Studie ermittelten etwa 4,5 Millionen Smart-TV-Besitzern selten genutzt. Mit 54 Prozent sind etwas über die Hälfte der Befragten der Meinung, HbbTV nutzen zu können, etwa 28 Prozent gaben allerdings an, die Zusatzfunktionen nie oder so gut wie nie zu nutzen. Etwa ein Viertel der Befragten Smart-TV-Nutzer drücken öfter den „Red-Button“, 10 Prozent derer gar regelmäßig. Möchte man eine breitere Akzeptanz erreichen, ist wohl hier noch viel Aufklärungsarbeit von Nöten.

Wenn aus dem Internet, dann per Laptop
Die Auftraggeber der Studie dürften wohl besonders an Erkenntnissen hinsichtlich der Nutzung von Videos aus dem Internet interessiert sein. Große Erfolgsgeschichten in Sachen Programmvermarktung werden schließlich immer öfter im Netz geschrieben. Für Fernsehsender mag dies verlockend sein, schließlich kann man sich teure Broadcast-Wege, wie Satellit oder DVB-T, sparen. Andererseits herrscht große Unsicherheit, schließlich wird es schwieriger, aus der Schwemme der Millionen Internetvideos heraus zustechen, die täglich den Weg in das weltweite Netz finden. Und so dürften alle Studienfinanziers mit gemischten Gefühlen auf die Ergebnisse hinsichtlich der Video-on-Demand und Web-TV-Nutzung reagieren. Das Gros der Internetvideos wird nämlich nicht über eine Verbindung zum Fernsehgerät („Connected TV“) geschaut, sondern direkt per PC oder Laptop. 38,8 Prozent der Befragten gaben an, Mediatheken, Youtube und andere Online-Angebote auf diese Weise zu konsumieren.

Smart-TV und Connected TV über Peripheriegeräte wie Receiver, kommen jeweils auf 5 Prozent, immerhin 13 Prozent über Laptop, PC oder Tablet angeschlossen an die Flimmerkiste. Die Verdrängung der klassischen „Wohnzimmerinfrastruktur“, in der die Hauptachse meist zwischen Sofa und Fernseher verlief, scheint sich also fortzusetzen. Die wachsende Zahl an Mediatheken und Streamingdiensten wie Zattoo leisten ihren Anteil daran. Aber sicher auch die immer wieder als umständlich empfundene Nutzung von Internetdiensten via Fernseher. Einem Gerät, das die meisten bisher im Halbschlaf mit vier Tasten zu bedienen wussten. Diese Bedienung durch Verbindungen, beispielsweise mit Tablets zu erleichtern, ist sicherlich ein Weg in die richtige Richtung, denn der Trend Richtung Web ist nicht aufzuhalten. Ein Blick auf die Alterspyramide bezüglich der Internetvideonutzung zeigt dies eindrucksvoll. Hier wächst eine Generation heran, für die die Nutzung von Youtube und Co. die Regel und nicht die Ausnahme ist. Über 45 Prozent der Befragten im Alter von 14-19 Jahren gaben an, jede Woche Videoinhalte aus dem Netz zu nutzen. Bei den 30-39 jährigen sind es immerhin noch gut 22 Prozent, bei den über 60 jährigen sinkt die Zahl auf um die 5 Prozent.

Es ist nicht anzunehmen, dass die Jüngeren ihre jetzt gelernten Gewohnheiten später zugunsten der linearen, „klassischen“ Fernsehnutzung aufgeben. Vor allem die Möglichkeit, zeitunabhängig anzuschauen, erfreut sich großer Beliebtheit. So gaben über 36 Prozent an, mindestens regelmäßig Video-on-Demand Inhalte zu nutzen, Live-Angebote landen hingegen bei etwas über 27 Prozent. Auch wenn sich die Nutzer immer öfter andere Zugangswege und –geräte zu ihren favorisierten TV-Inhalten suchen, sind sie beim Konsum meist immer noch in den heimischen vier Wänden. Knapp 35 Prozent der Befragten gaben an, Inhalte über mobile Geräte wie Tablets oder Smartphones zu nutzen, nur 8,8 Prozent allerdings auch außer Haus. Volumenbegrenzte, mobile Internettarife könnten hier ein entscheidender Hemmschuh sein.

These, Synthese oder Antithese?
Bleibt die Frage, die die Studienautoren mit ihrem Untertitel stellen: Ist das Internet nun Katalysator für eine Weiterentwicklung klassischer TV-Vertriebsformen, mit all den Inhalten und Finanzierungsmodellen, oder doch Konkurrenz für einen angestammten Markt, der seinen Platz in einer sicher schnell veränderten Zeit nicht so recht finden mag. Es ist wohl das klassische „Jein“. Für große Elektronikkonzerne verschieben sich vielleicht die Gewichte, doch Geräte werden sie auch weiterhin umsetzen, auch wenn es vielleicht immer weniger die klassischen Flimmerkisten für das Wohnzimmer sind. Auch die Broadcaster, Kabel- und Satellitenanbieter werden weiterhin gebraucht, schließlich kommt beispielsweise Internet auch immer öfter über das Fernsehkabel. Großes Umdenken ist bei den klassischen Fernsehanbietern gefragt. Mit Blick auf die statistischen Fakten müsste ihnen schnell klar werden, dass sich die Zahl der Fernsehzuschauer mit linearen Vorlieben zumindest deutlich verringern wird. Und das in nicht allzu ferner Zukunft. Sollten ARD und ZDF aber auch die Privatsender dann nicht die passenden Angebote parat haben, könnten sie schnell zu einer Randerscheinung verkommen.



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