„Qualität verbessert, Vielfalt erhöht, Kosten gesenkt“ – Interview mit Martin Deitenbeck, Geschäftsführer der Sächsischen Landesmedienanstalt (SLM)


Martin Deitenbeck (SLM)
In diesen Tagen endet die analoge Satellitenübertragung in Deutschland. Ein Projekt, das immer wieder angekündigt und verschoben wurde. Viele Kabelanbieter haben angekündigt auch darüber hinaus weiterhin analoges Fernsehen zu verbreiten. Selbstverständlicher Kundenservice oder eine Gefahr für den digitalen Fortschritt? Wir sprachen exklusiv mit dem Geschäftsführer der Sächsischen Landesmedienanstalt Martin Deitenbeck.


IPTV-Anbieter: Herr Deitenbeck, erst einmal vielen Dank für das Interview und das Sie sich die Zeit genommen haben. Zur Sache: In diesen Tag endet die analoge Satellitenübertragung – eine gute Nachricht für Sie?

Martin Deitenbeck: Das ist eine sehr gute Nachricht. Durch die Digitalisierung werden Kapazitäten effektiver genutzt, die Qualität verbessert, die Vielfalt erhöht und die Kosten gesenkt.

IPTV-Anbieter: Immer wieder wurde über eine Analogabschaltung diskutiert, warum ist es erst jetzt soweit?

Martin Deitenbeck: Die Programmveranstalter haben gewartet, bis die überwiegende Mehrzahl der Satellitenzuschauer über digitales Empfangsequipment verfügten. Dann galt es, sich auf einen gemeinsamen Termin zu verständigen. In den vergangenen Monaten wurden dann gezielt die Zuschauer auf die anstehende Abschaltung aufmerksam gemacht, die noch analoge Signale empfangen haben. Hier hat sich das Projektbüro "klar digital" sehr verdient gemacht.

IPTV-Anbieter: Viele Kabelanbieter wollen weiterhin analoges Fernsehen anbieten und „Re-Analogisieren“. Sie haben das kürzlich als „Unsinn“ bezeichnet. Warum?

Martin Deitenbeck: Hier sind weniger die Kabelanbieter zu kritisieren. Die würden sicher gern ihre Netze effektiver nutzen. Die Re-Analogisierung wird vielmehr überwiegend von der Wohnungswirtschaft gefordert. Ich habe das als Unsinn bezeichnet, weil so Kapazitäten in den Netzen belegt werden, die viel besser für andere Zwecke genutzt werden könnten.

IPTV-Anbieter: Ist für Sie das Argument der Kabelanbieter, die diese Art der analogen Aufbereitung als Kundenservice ansehen, vollkommen haltlos?

Martin Deitenbeck: Nein, es gibt immer Argumente für das Beibehalten des Alten.

IPTV-Anbieter: Wer darf hier wem die Vorgaben machen? Sollte nicht der Zuschauer selbst entscheiden dürfen, ob er analog oder digital Fernsehen schauen will, oder muss man den Deutschen das analoge Programm „abgewöhnen“?

Martin Deitenbeck: In erster Linie ist das eine Frage der Verbreitungskosten, und über die entscheidet der Programmveranstalter. Die analogen Satellitensignale wurden abgeschaltet, weil der Simulcastbetrieb zu teuer wurde. Die Terrestrik wurde digitalisiert, um das Spektrum effektiver zu nutzen. Die dadurch freigewordenen Kapazitäten hat sich dann schnell der Mobilfunk gesichert. Die technische Entwicklung wird ganz von selbst dazu führen, dass digitalisiert wird. HbbTV, HD und 3D funktionieren nun einmal nicht analog.

IPTV-Anbieter: Sie sprechen davon, dass die „Re-Analogisierung“ Kapazitäten die für Zusatzdienste wie HbbTV gebraucht würden, sinnlos verbrauchen. Welche Folgen hat das?

Martin Deitenbeck: Datendienste benötigen Kapazität. Das gilt für HbbTV wie für Youtube. 30 analoge Kanäle im Kabel belegen wertvolle Bandbreite, deren Fehlen vor allem in schlecht ausgebauten Netzen dazu führen kann, dass Zusatzangebote der Veranstalter, aber auch der Zugriff auf Mediatheken nicht in der Qualität erfolgen können, wie dies der Zuschauer erwartet.

IPTV-Anbieter: Wird sich das Problem mit steigender Verbreitung moderner Fernsehgeräte irgendwann von selbst erledigen?

Martin Deitenbeck: So gut wie jedes neu verkaufte Gerät ist hybrid. Zwar werden noch nicht alle Hybridgeräte mit dem Internet verbunden, aber die Zahl steigt ständig. Die Zuschauer, die ihr Gerät angeschlossen haben, wollen die angebotenen Dienste auch nutzen. Daher wird der Druck auf die Netzbetreiber, Bandbreite für diese Dienste bereitzustellen, wachsen.

IPTV-Anbieter: Kritiker monieren, dass der Fernsehempfang für den Laien ob der Vielzahl der angebotenen Übertragungswege von Kabel über Satellit bis IPTV immer schwieriger und unüberschaubarer wird. Teilen Sie diese Einschätzung?

Martin Deitenbeck: Ja, durchaus. Aber es geht ja noch weiter. Mit einem Hybridgerät sind die Nutzer mit einem Knopfdruck im Internet. Dort werden teilweise die selben Inhalte angeboten wie im Rundfunkbereich, unterliegen aber einer völlig anderen Regulierung. Da kann es durchaus schwierig werden, den Überblick zu behalten.

IPTV-Anbieter: Viele Haushalte müssen sich in diesen Tagen vom analogen Satellitenempfang verabschieden. Eine gute Gelegenheit zum Wechsel der Empfangsart, beispielsweise Richtung IPTV, oder?

Martin Deitenbeck: Für IPTV benötigt man einen sehr schnellen Internetzugang. Der ist selbst in Städten wie Leipzig, Dresden oder Magdeburg längst nicht überall verfügbar. Deshalb scheint es mir der bessere Ratschlag, einfach den Satellitenempfang zu digitalisieren. Die Programmvielfalt dort ist allen anderen Übertragungsarten überlegen.

IPTV-Anbieter: Vielen Dank Herr Deitenbeck für das interessante Gespräch!

Weiterführendes:
» weitere Infos zur Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM)
» erstes Interview mit Martin Deitenbeck zum Thema Internet, TV und Regionalfernsehen

Bild: Martin Deitenbeck - © mit freundlicher Genehmigung von Martin Deitenbeck / SLM


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